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Interview mit Rahel Mettler

Rahel Mettler leitet das Landwirtschaftsamt AI, gemeinsam mit einem kleinen Team baut sie aktuell daneben das Zentrum für Artenvielfalt Appenzellerland auf.


Frau Mettler, Sie sind Agronomin und haben beruflich viel mit Bauern zu tun, Landwirtschaft und Artenvielfalt ist das nicht ein Widerspruch?

Ja und nein.

Es gibt Flächen, welche man für die Produktion von Lebensmittel und für Grünfutter- oder als Weidefläche nutzen sollte und auf anderen Flächen sollte primär die extensive Landwirtschaft und die Förderung der Biodiversität im Vordergrund stehen.

Ein Landwirtschaftsbetrieb ist ein eigenes Unternehmen. Die Nachhaltigkeit in ihren drei Ebenen ist dabei wichtig. Ein Landwirtschafsbetrieb muss wirtschaftlich rentabel, sozial verträglich und ökologisch sein. Die Betriebsleiterfamilie sollte Freude an der Tätigkeit auf dem Hof haben.

Für mich ist klar, dass nicht alle Betriebsleitenden ihren Schwerpunkt bei der Förderung der Biodiversität sehen, sie haben beispielsweise grosse Freude in der Rindviehzucht, bei der Produktion von Grundfutter oder beim Bewirtschaften der Ackerflächen. Nichtsdestotrotz sollte man heute auch die Biodiversität als Teil des Betriebs ansehen. Man muss aber sehen, dass es viele Veränderungen gab in der Landwirtschaftspolitik, solche Wechsel sind nicht von heute auf morgen möglich. Noch bis vor kurzem hat man in der landwirtschaftlichen Ausbildung und auch in der Politik den Schwerpunkt auf die Produktion gesetzt. Erst seit wenigen Jahren hat die Biodiversität in beiden Sparten eine grössere Bedeutung bekommen.

Man sollte die beiden Bereiche nicht gegeneinander ausspielen, sondern versuchen, eine gute Mischung zu finden zwischen einer produzierenden Landwirtschaft und der Förderung der Biodiversität.


Ist die Artenvielfalt auch im Appenzellerland bedroht?

Die Biodiversität ist auf der ganzen Welt bedroht. Es braucht fast überall Massnahmen für die Stärkung der Biodiversität. Die Anstrengungen können aber nicht nur aus der Landwirtschaft kommen. Auch in nichtlandwirtschaftlichen Aussenräumen braucht es mehr Nischen für eine bessere Vernetzung der Naturfreiräume. Weil es viele solcher Hotspots braucht um unsere Landschaft ökologisch aufzuwerten, kann fast jede Person etwas für die Biodiversität unternehmen, dazu reicht schon ein kleiner Garten oder ein Balkon.


Was kann ich als Nichtbäuerin für die Artenvielfalt tun?

Bei diesem Thema kann man buchstäblich vor seiner eigenen Haustüre beginnen. Der perfekte englische Rasen ist meiner Meinung nach nicht mehr zeitgemäss. Zu erleben was in einer artenreichen Wiese bei uns alles wachsen kann, ist unglaublich lehrreich und schön. Auch sollte auf die Verwendung von Pflanzenschutzmitteln im Hausgarten verzichtet werden.

Im Unterschied zu den Landwirtschaftsflächen muss die Grünfläche im eigenen Garten kein Futter für die Wiederkäuer hergeben, es muss auch nicht die Ernährung sicher gestellt werden damit, darum darf man im eigenen Garten auch der Vielfalt und der Natur mehr Raum geben und auch einmal etwas ausprobieren oder sich entwickeln lassen. Artenvielfalt und Nutzung ist jedoch kein Widerspruch. Man kann gut etwas für die Biodiversität im eigenen Garten tun und daneben besonders gesundes Gemüse selbst anbauen.


Können auch Bauern von Ihrem Angebot profitieren?

Ja natürlich. Unser Angebot soll für verschiedene Personengruppen offen stehen, von Klein bis Gross.

Mein primäres Anliegen ist es aber auch, die nicht bäuerliche Bevölkerung zu animieren in ihren Gärten etwas für die Artenvielfalt zu unternehmen.


Das neugegründete Zentrum für Artenvielfalt Appenzellerland entsteht buchstäblich in der Chrüterei, die in den vergangenen zwei Jahren ein immer grösseres begeistertes Publikum gefunden hat, warum?

Das Gesamtpaket ist stimmig. Die Chrüterei ist ein enorm innovativer Betrieb mit verschiedenen Standbeinen. Vom Kräuter-, zum Gemüseanbau bis zum Schaugarten, kann der ökologische Anbau vor Ort erlebt werden, da geschieht aber auch die Verarbeitung der Produkte und die Kurse der Chrüterei. Wir möchten mit unserer Initiative das Angebot der Chrüterei erweitern und den bestehenden Schaugarten erweitern, damit man vor Ort die lokale Pflanzenwelt in seiner ganzen Vielfalt erleben kann.

Das Zentrum für Artenvielfalt Appenzellerland kann von der Chrüterei viel profitieren, damit kann es uns gelingen, zu einem noch wirkungsvolleren Hotspot für die Biodiversität im Appenzuellerland zu werden und noch mehr Menschen für die Natur zu begeistern.


Wo werden Sie bei Ihrer Arbeit ansetzen?

Der Verein Zentrum für Artenvielfalt Appenzellerland hat eine gemeinnützige Aufgabe: die Förderung der Biodiversität und die Wissensvermittlung zu Themen rund um die Biodiversität und Artenförderung. Dabei möchten wir verschiedene Personengruppen ansprechen. Es soll auch ein Angebot für Kinder geschaffen werden.

Im ersten Jahr möchte ich viele verschiedene Kontakte zu Personen herstellen, welche am Ziel des Vereins Interessiert sind. Mit Hilfe dieser Personen und den finanziellen Möglichkeiten des Vereins können erste Biodiversitäts-Projekte umgesetzt werden. Auch sollen im ersten Jahr bereits einige Kurse durchgeführt werden.

Ich denke, der Verein wird sich mit Hilfe seiner Mitglieder stetig weiterentwickeln können.


Wer engagiert sich im Verein und wie kann man sich engagieren wenn man mit anpacken möchte?

Der Verein wurde im November 2022 gegründet. Aktuell sind wir ein kleiner Verein mit einem aktiven Vorstand und mit mir als Geschäftsführerin, das soll aber nicht so bleiben. Interessierte Personen können sich engagieren, indem sie Mitglied werden, an Kursen teilnehmen oder auch selbst Hand anlegen bei der Erstellung oder beim Unterhalt von unseren Projekten. Der Verein soll Personen mit verschiedenen Hintergründen ansprechen, so wird der Verein auch vielfältig. Über unsere Homepage kann man unkompliziert Kontakt mit uns aufnehmen.


(Das Gespräch fand im Dezember 2022 statt)






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